Vorasphaltierte Straßen
- Jelena Fandrey

- 12. Dez. 2022
- 2 Min. Lesezeit
"Verschone mich mit dem „richtigen“ Weg! - auf vorasphaltierten Straßen langweilt sich meine Seele zu Tode.“ - Jelena Fandrey

Gerade Eltern sind in der Regel diejenigen, die aus ihrer Liebe und Zuneigung heraus auch meinen zu wissen, welche Schritte der Spross nicht gehen sollte und welche in jedem Fall gegangen werden sollten. Das gilt für jedes Alter des Sprosses, denn Kind bleibt Kind.
Es ist ein leidliches Unterfangen, sich aus den Fängen und Verstrickungen zu befreien - für beide Seiten, beziehungsweise für alle Seiten.
Die Nabelschnur ist eben nicht nur eine physische Gegebenheit, die mit der Geburt durchtrennt wurde. Nein, diese Verbundenheit mag sich so manches Mal zu einer Verstrickung entwickeln, in der alle Beteiligten ihre Federn lassen dürfen, um sich neu zu finden und zu erkennen.
Wir haben in unserer Gesellschaft noch recht viele Freiheiten, im Gegensatz zu strikten, patriarchal geführten und extrem gläubigen Gesellschaftsstrukturen in denen beispielsweise auch heute noch die/der Ehepartner/-in von den Eltern bestimmt werden oder der Beruf in jedem Fall ein Fortführen des familiären Betriebes bedeutet.
In Bezug auf diese Thematik denke ich immer an den Dichter und Philosophen Khalil Gibran, der solch wundervolle Worte hierzu fand.

Eure Kinder
Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und die Töchter der Sehnsucht
des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben,
aber nicht eure Gedanken,
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben,
aber nicht ihren Seelen,
Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen,
das ihr nicht besuchen könnt,
nicht einmal in euren Träumen.
Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein,
aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.
Denn das Leben läuft nicht rückwärts
noch verweilt es im Gestern.
Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder
als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit,
und er spannt euch mit seiner Macht,
damit seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Laßt eure Bogen von der Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein;
Denn so wie er den Pfeil liebt, der fliegt, so liebt er auch den Bogen, der fest ist.
- Khalil Gibran (* 06.01.1883, † 10.04.1931)

So bin ich nicht, so werde ich nie sein...
In dem Versuch auf alle Fälle ganz anders zu sein, als die eigene Mutter, der eigene Vater, definitiv ein ganz anderes Leben leben zu wollen, lädt man sich genau das ein, was man doch überhaupt und auf gar keinen Fall wollte.
Je mehr der strampelnde Versuch unternommen wird VON ETWAS weg zu kommen, desto mehr verheddert man sich darin. So wie im Moor, im Schlamm, im Morast. Desto mehr klebt es an einem selbst.
Wenn wir uns also wirklich befreien wollen - egal von was - so ist immer ein HINschauen und nicht ein WEGschauen hilfreich. Ebenso die Einsicht gewinnend, was dahinter steckt und warum man genau hier in dieser Familie seine Rolle in diesem Leben eingenommen hat.
„Wo möchtest du hin?“, ist die bessere und erfolgsversprechendere Frage, als: „Vor was rennst du weg?.
Fühl man tief in dich hinein. Da ist die Antwort.





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