Kreisende Gedanken
- Jelena Fandrey
- 3. Dez. 2022
- 3 Min. Lesezeit
"Der Kopf ist rund, damit die Gedanken in ihm kreisen können und manche, die kreisen gerne ... um sich selbst. So lange, bis einer den anderen erkennt, sieht, umarmt, versteht und mit ihm verschmilzt. Denn dann bekommen sie Flügel und fliegen gemeinsam fort an einen anderen, freieren Ort.“ - J. Fandrey

Eines Tages beschließt du vielleicht Ruhe haben zu wollen. Ruhe fühlen zu wollen. Stille. Weg von all dem was da Außen ist, was auf dich einprasselt, deinen Kopf, deine Gedanken, dein Gemüt, deinen Körper.
Was fällt dir auf bei dem vorangegangenen Satz? Das häufig geschriebene Wort ist „Dein“. Es ist in der Tat so, dass es nicht fernab von Einem selbst ist - egal was - sondern immer ein Teil des eigenen Selbst.
So ein Kurztrip, raus aus dem Alltag kann schön sein. Ein netter Wellnessaufenthalt. Ein Retreat, ein Urlaub, eine Reise. Wenn es so richtig dicke kommt, vielleicht sogar das Brechen mit alten Beziehungen, familiären Strukturen, ein Umzug, Auszug oder sogar eine Auswanderung - nach Bali. :)
Erst einmal nach Bali...
Als ich in einer meiner Ausbildungen war, sagte die Lehrerin „keiner kann mehr hier unterrichten und vertreten. Alle machen sie ihre Ausbildung fertig und sagen dann 'nun muss ich erst einmal nach Bali'." Ja, fullmoon, newmoon, goddess retreat, Erleuchtung am Meer, auf den Gipfeln dieser Welt… ein Sadhu, der vielleicht behilflich sein kann, oder die legitime(n) Substanz(en) am Reiseziel - alles könnte doch ein Schritt mehr zu mir selbst sein, oder?
Andere Länder und Kulturen kennen zu lernen - absolut fantastisch. Sich mit den verschiedenen Bräuchen vertraut zu machen, mit der Energie der Menschen und Pacha Mama (Mutter Erde). Absolut! Ja! Ich verstehe es. Komme ich doch selbst aus einem anderen Land und habe das Glück gehabt, den Großteil der Welt bereisen zu dürfen und zu können.
Ich verstehe es.
Aber, vor sich selbst weg laufen kann man nicht. Keine Chance. Wir können das komplette materielle Gepäck und alle Menschen dieser Welt hinter uns lassen, aber uns von uns selbst trennen und unseren Gedanken können wir nicht. Ausser vielleicht durch den Konsum gewisser Substanzen, die aber eine gewisse Zeitspanne überbrücken, aber keinen Dauerzustand erzeugen, oder aber die vorhandenen Emotionen und Gefühlszustände gar unvorbereitet verstärken.

Katzenbilder oder Netflix oder einfach das Nichts - das ist hier die Frage
Was also tun? Vipassana Retreat buchen? Achtsamkeitsmeditation erlernen? Entspannungstechniken? Journaling? Chanten und Rezitieren von Mantren? Yoga und alle weiteren körperlichen Wege, die dieser Quelle entspringen wie Tai Chi, Kampfsport usw., Gartenarbeit, Lesen, Wandern, Joggen, Boxen, Osho und alle Mystiker dieser Welt sich einverleiben, Tanzen?
Oder doch lieber Coaching, Reinkarnationstherapie, Rückführungen, Schamanismus, Reiki und alle Arten energetischer Arbeit?
Oder einfach Verdrängen? Sich betäuben? Netflixen, Social Media Berieselungen, Katzenbilder? Essen und Trinken zum Zwecke des Füllens emotionaler Löcher? Oder gar gänzliches Entsagen von Allem - Unlust, Energielosigkeit und dadurch der Versuch an die eigenen Grenzen zu stoßen, um mehr ins eigene Spüren zu kommen?
Nun, alles zu seiner Zeit ist legitim, wichtig, willkommen und richtig. Das ist meine Wahrheit. Doch, wenn wir wirklich, wirklich, wirklich ein erfülltes Leben in Selbstwirksamkeit führen wollen, dann kommt nur Eines in Frage: beobachten, anpassen, verändern, kreieren. Neu schöpfen.
Ich war um die 16 Jahre alt, als ich zu meinem damaligen Lehrer ging und mein Leid klagte. In der Schule schrieb man „OM“ auf kleine Wanderzettelchen (erinnert ihr euch noch. daran? Vielleicht sind es heute Tweets, WhatsApps und PM's...), die mich dann erreichen sollten. Ich trank bis zum Abitur gar keinen Alkohol. Hörte Musik, die mir gefiel - ich hatte einen eigenen Kopf, eigene Interessen und die waren „leider“ völlig anders als die meiner Freundinnen und Mitmenschen. Ich wollte einen Kräutergarten, kaufte mir die ersten mit viel Aufwand ersparten Tarotkarten und war einfach anders. Warum konnte ich nicht wie Alle sein? Einfach mal Eine rauchen und mich besaufen? Warum nicht?
Dann sagte dieser kluge Mann:
„Ja, so einfach könnte es sein, nicht wahr Nirvair Kaur? Dumm geboren werden und dumm sterben. Dafür bist du aber nicht hier.“
Und er lachte.
Meditation, um deine Gedanken zur Ruhe zu bringen.
Bist du dabei?
Comments